Der Erbschein
Auf dieser Seite finden Sie Informationen zu der Frage, wie Sie gegenüber Registergerichten, Behörden und Banken nachweisen können, dass Sie Erbe geworden sind. Sie können hier auch nachlesen, wie sie am kostengünstigsten zu diesem Ziel kommen. Außerdem finden Sie Hinweise zu Fristen und was Sie als Betroffener tun müssen, um Schaden von sich abzuwenden.
Bitte beachten Sie unbedingt, dass dies keine Rechtsberatung Ihres Einzelfalls darstellt und wir keine Gewähr dafür übernehmen können, dass unsere Informationen auch in Ihrem persönlichen Fall einschlägig sind. Verbindliche Rechtsauskunft erhalten Sie, wenn Sie sich mit uns in Verbindung setzen.
Ein Erbschein ist ein mit öffentlichem Glauben versehener Nachweis der Rechtsnachfolge im Erbfall.
Der Erbschein legitimiert den oder die Erben gemeinschaftlich nach dem Erbfall gegenüber öffentlichen Registern wie Grundbuchamt und Handelsregister sowie auch gegenüber Banken.
Beispiel 1: Der Erblasser mit letztem Wohnsitz in Deutschland hatte 3 Grundstücke im Inland. Es gibt kein Testament. Die Erben, die drei Söhne des Erblassers, müssen das Grundbuch berichtigen lassen. Innerhalb 2 Jahre nach dem Erbfall kann diese verpflichtende Grundbuchberichtigung kostenlos erfolgen. Hierfür benötigen Sie jedoch zum Nachweis Ihrer Rechtsstellung als Eigentümer einen Erbschein.
Beispiel 2: Es gibt ein handschriftliches Testament. Dieses wurde vom Nachlassgericht eröffnet. Hierüber wurde ein Eröffnungsprotokoll gefertigt. Ist die Erbfolge nach dem handschriftlichen Testament ohne jeden Zweifel feststellbar, kann die Vorlage des handschriftlichen Testaments mit dem Eröffnungsprotokoll als Nachweis der Rechtsnachfolge vom Grundbuchamt als ausreichend anerkannt werden. Das Grundbuchamt, wie auch das Registergericht, beispielsweise das Handelsregister oder das Schiffsregister, haben ein eigenes Prüfungsermessen.
Das Nachlassgericht im Bezirk des letzten gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers ist für die Erteilung des Erbscheins zuständig (§ 343 Abs. 1 FamFG).
Die Kosten des Erbscheins richten sich nach den Vorschriften des GNotKG (Gerichts- und Notarkostengesetz) und dieses orientiert sich wiederum an dem Wert des gesamten Nachlasses im In- und im Ausland. Die Kostentabelle ergibt konkretere Auskunft. Schnell kann es teuer werden.
Ein deutscher Erbschein ist unbefristet gültig.
Hatte der Erblasser in Deutschland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, ist es nach dem Oberle-Urteil des EuGH (Europäischer Gerichtshof, 2. Kammer, C-20/17, Urteil vom 21.06.2018) nicht mehr möglich, einen Erbschein in Deutschland zu erhalten.
Hatte der Erblasser in Deutschland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, ist es seit dem Oberle-Urteil des EuGH (Europäischer Gerichtshof, 2. Kammer, C-20/17, Urteil vom 21.06.2018) nicht mehr möglich, einen Erbschein durch das Amtsgericht Schöneberg, Ringstraße 9,12203 Berlin zu erlangen. Deutsche Nachlassgerichte sind nicht zuständig.
Internationale Erbfälle sind schwierig. Ohne die EuErbVO (Europäische Erbrechtsverordnung) wäre in Deutschland die Zuständigkeitsnormen des FamFG (Familienverfahrensgesetz) zu beachten. Das Nachlassgericht im Bezirk des letzten gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers ist für die Erteilung des Erbscheins zuständig (§ 343 Abs. 1 FamFG). Hatte der Erblasser zu einem früheren Zeitpunkt seines Lebens einen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, war bisher das Nachlassgericht am Ort des früheren gewöhnlichen Aufenthalts zuständig (§ 343 Abs. 2 FamFG). Hatte der Erblasser nie einen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, war er aber Deutscher oder befinden sich Nachlassgegenstände in Deutschland, wurden bisher Erbscheine oder auch Europäische Nachlasszeugnisse (ENZ) vom Amtsgericht Schöneberg in Berlin erteilt.
In seiner Oberle-Entscheidung (Europäischer Gerichtshof, 2. Kammer, C-20/17, Urteil vom 21.06.2018) urteilte nunmehr der Europäische Gerichtshof, dass deutsche Gerichte keine Zuständigkeit nach §§ 343, 105 FamFG innehalten, wenn Gerichte eines anderen Mitgliedstaats nach Art. 4 EuErbVO zuständig sind. Mitgliedsstaat ist jeder Staat der EU, der als Vertragspartner der EuErbVO unterzeichnet hat. Zuständig sind die Gerichte eines anderen Mitgliedstaates dann wenn der Erblasser dort seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte.
Nein, nicht beigetreten sind Dänemark und das Vereinigte Königreich (England) und Irland.
Die EuErbVO hat Anwendungsvorrang vor dem deutschen FamFG. Grundsätzlich folgt daraus, dass deutsche Gerichte dann unzuständig sind, wenn sich der letzte gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers in einem Vertragsstaat der EuErbVO befunden hat.
Beispiel: Der deutsche Erblasser verlegt seinen gewöhnlichen Aufenthalt nach Spanien. Dort verstirbt er. Trotz deutscher Staatsangehörigkeit des Erblassers und der Erben und erhebliches Nachlassvermögen in Deutschland, können die Erben die Berichtigung öffentlicher Register nur noch durch ein in Spanien ausgestelltes Europäisches Nachlasszeugnis erwirken.
Unter Betonung der besonderen Bedeutung der Zuständigkeitskonzentration und des Entscheidungseinklangs, d.h. die Vermeidung widersprechender mitgliedstaatlicher Rechtsakte erklärte der Europäische Gerichtshof, dass der Beschluss über die Erteilung eines Erbscheins eine "Entscheidung" im Sinne des Art. 4 EuErbVO ist. Damit unterwarf der Europäische Gerichtshof den deutschen Erbschein den Zuständigkeitsvorschriften des Artt. 4 ff. EuErbVO und entzog den deutschen Nachlassgerichten vom Grundsatz her die Zuständigkeit in allen Fällen, in denen der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Deutschland hatte.
Das Europäische Nachlasszeugnis muss am Ort des letzten gewöhnlichen Aufenthalts des Erblassers eingeholt werden. Es entfaltet seine Wirkungen in allen Mitgliedstaaten, ohne dass es eines besonderen Verfahrens bedarf (Art. 69 Abs. 1, Abs. 5 EuErbVO). Es muss vor einem ausländischen Gericht in dortiger Sprache ein Antrag auf Erteilung eines Europäischen Nachlasszeugnisses gestellt werden. Es sind eine Vielzahl von Angaben und Nachweisen erforderlich, die nach deutschem Recht nicht erforderlich wären. Das Europäische Nachlasszeugnis verliert nach 6 Monaten ab seiner Ausstellung seine Gültigkeit (Art. 70 EuErbVO). Dann muss ein neuer Antrag gestellt werden. Jedes Mal fallen Gebühren an.
Das Europäische Nachlasszeugnis verliert grundsätzlich nach 6 Monaten seine Wirksamkeit. Auf dem Europäischen Nachlasszeugnis ist das Ablaufdatum vermerkt.
Nach Ablauf von 6 Monaten muss das europäische Nachlasszeugnis neu (wiederholt) kostenpflichtig beantragt bzw. verlängert werden.
Die Entziehung der Zuständigkeit deutscher Nachlassgerichte durch das Oberle-Urteil findet dort seine Grenze, wo aufgrund Ausnahmevorschriften, namentlich nach den Artt. 5 ff EuErbVO deutsche Gerichte für die Erteilung des Erbscheins zuständig sein können.
Als eine Ausnahme kann eine Gerichtsstandvereinbarung der Erben (der Beteiligten, "die betroffenen Parteien") die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts dann begründen, wenn der Erblasser (zumindest auch) deutscher Staatsangehöriger war und die Anwendung deutschen Rechts gewählt hat. Problematisch kann werden, wer als betroffene Partei in einem Erbscheinverfahren angesehen werden kann bzw. muss. Nicht vergessen werden sollte, bei einer Gerichtsstandvereinbarung auch die örtliche Zuständigkeit zu regeln.
Der Erblasser selbst kann keine Gerichtsstandvereinbarung treffen.
Weitere Ausnahmen sind in Art. 7 und Art. 9 EuErbVO geregelt.
Beispiel: Der deutsche Erblasser hatte seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Schweden. In einem Testament hat er deutsches Recht gewählt und seine Ehefrau als Alleinerbin eingesetzt. Er hinterlässt neben der Ehefrau noch 2 Kinder. Eigentlich wären die schwedischen Nachlassgerichte zuständig. Allerdings könnten die Ehefrau und die Kinder, die zum Verfahren hinzuzuziehen sind (§ 345 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 FamFG), eine Gerichtsstandvereinbarung nach Art. 5 EU Erb VO schließen. Die deutschen Gerichte sind dann zuständig (Art. 7 Buchst. b i.V.m. Art. 5 EuErbVO). Die örtliche Zuständigkeit ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 IntErbRVG frei wählbar.
Sind die Kinder minderjährig gelten besondere Vorschriften.
Die Beteiligten Parteien können eine Gerichtstandvereinbarung abschließen. Das heißt in der Regel die Erben, aber möglicherweise auch weitere vom Erbfall betroffene Personen. Der Erblasser selbst kann eine Gerichtsstandvereinbarung nicht treffen.
Die Gerichtsstandvereinbarung bedarf der Schriftform, sie ist zu datieren und von den betroffenen Parteien zu unterzeichnen (Art. 5 Abs. 1 EuErbVO). Bei minderjährigen Kindern sind die Vorschriften zum Schutz Minderjähriger unbedingt zu beachten.
Die wirksame Rechtswahl bestimmt, welches Erbrecht für den Erbfall gilt.
Eine Rechtswahl zu Gunsten eines materiell-rechtlichen Erbrechts eines bestimmten Staates kann der Erblasser treffen.
Nein, der Erblasser kann das Recht des Staates wählen, dem er im Zeitpunkt der Rechtswahl oder im Zeitpunkt des Todes angehört (Art. 22 EuErbVO).
Nein, denn hat der Erblasser, der keinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte, keine Rechtswahl zu Gunsten des deutschen Rechts getroffen, können die Erben keine Gerichtstandvereinbarung zu Gunsten deutscher Gerichte verabreden.
Die deutsche Staatsangehörigkeit des Erblassers oder Nachlassvermögen in Deutschland begründet für sich alleine keine Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Erteilung eines Erbscheins.
Deutsche Gerichte sind aber dann für den gesamten Nachlass, also auch für die Erteilung eines Erbscheins zuständig, wenn sich Nachlassvermögen in Deutschland befindet und der Erblasser deutscher Staatsangehöriger war. Die Zuständigkeit ist auch dann gegeben, wenn sich Nachlassvermögen in Deutschland befindet und der Erblasser seinen vorhergehenden gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte, sofern seine Änderung des Aufenthalts zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts nicht länger als 5 Jahre zurückliegt (Art. 10 EuErbVO).
Beispiel: Der Erblasser ist Schweizer. Sein letzter gewöhnlicher Aufenthalt war im Thurgau/Schweiz. Er ist 3 Jahre vor seinem Tod in seinen Heimatstaat aus Deutschland zurückgekehrt. Er hinterließ in Deutschland mehrere Grundstücke und eine Schiffsbeteiligung. Sofern die Erben das Nachlassgericht fristgerecht anrufen, besteht eine Zuständigkeit deutscher Gerichte.
Die Zuständigkeit deutscher Nachlassgerichte ist gegeben, wenn sich Nachlassvermögen in Deutschland befindet und der Erblasser seinen vorhergehenden gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte, sofern seine Änderung des Aufenthalts zum Zeitpunkt der Anrufung des Gerichts nicht länger als 5 Jahre zurückliegt (Art. 10 EuErbVO).
Für Nachlassvermögen in Deutschland sind deutsche Gerichte zuständig, wenn für das Nachlassvermögen keine Zuständigkeit eines mitgliedstaatlichen Gerichts infrage kommt (Art. 10 Abs. 2 EuErbVO). Erbscheine sind in diesem Fall gegenständlich auf das in Deutschland befindliche Vermögen zu beschränken (§ 352 c Abs. 1 FamFG).
Beispiel: Dänemark ist nicht Vertragsstaat der EuErbVO und gilt somit als Drittstaat. Der Erblasser hatte seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt in Dänemark. Er hinterlässt mehrere Grundstücke in Deutschland. Da sich Nachlassvermögen in Deutschland befindet und kein anderer Vertragsstaat zuständig ist, können deutsche Gerichte einen gegenständlich beschränkten Erbschein auf das im Inland befindliche Nachlassvermögen ausstellen (Art. 10 Abs. 2, § 352 c FamFG).
Ja, völkerrechtliche Verträge haben Vorrang (Art. 75 Abs. 1 EuErb VO). Deutschland unterhält die Erbfolge betreffende Verträge mit der Türkei, dem Iran und den Nachfolgestaaten der Sowjetunion.